Handlese: Lohnt sich die arbeitsintensive Ernte?
Auch im modernen Weinbau werden Weintrauben von Hand geerntet. Die Handlese gehört bei vielen Weingütern zur Tradition sowie zur Arbeitsphilosophie. Dabei werden die Weintrauben mit einer Rebschere vom Rebstock entfernt. Damit nur physiologisch reife Trauben im Korb landen, wird vorher der Reifegrad (Mostgewicht) der Beeren mit einem Refraktometer überprüft.
In manchen Regionen und Lagen ist die Ernte von Hand ein Muss, denn steile Lagen oder Reberziehungssysteme wie die Buschrebe oder die Pergola können nicht von einer Maschine, wie dem Vollernter geerntet werden.
Valentina di Tuccio von Antica Enotria kontrolliert und erntet die Trauben von Hand.
Vorteile der Handlese
Optimale Selektion
Die Handlese ermöglicht eine strenge und genaue Trauben- sowie Beerenselektion. Da nicht alle Trauben auf dem Rebstock gleichzeitig Erntereif sind, werden die Trauben in mehreren Durchgängen geerntet. Dabei können unreife, faule und befallene Trauben, sowie Blätter und Insekten, die einen negativen Einfluss auf die Qualität des Weins haben, entfernt werden. Zusätzlich gelangen die Trauben unverletzt in den Keller.
Gesunde Böden
Die maschinelle Ernte mit einem schweren Vollernter trägt zur Verdichtung des Bodens bei. Verdichtete Böden haben eine geringere Wasserhaltekapazität und einen gestörten Nährstoffkreislauf, was zu einer deutlich niedrigeren biologischen Aktivität führt.
Nachteile der Handlese
Zeit- und Kostintensiv
Die Ernte von Hand dauert deutlich länger und ist auf Dauer kostenintensiver als die maschinelle Ernte. Dies merkt man am höheren Preis des Endprodukts. Erntehelfer müssen bezahlt werden und die Arbeitsausrüstung kostet auch etwas.
Wetterabhängig
Durch den Zeitfaktor ist die Handlese stark wetterabhängig. Die Arbeit im Dunkeln ist zudem schwieriger.
Fazit
Ob sich die Handlese lohnt oder nicht muss schlussendlich jedes Weingut für sich beantworten. Bei grossen Rebflächen von über 100 ha lohnt sich die Handarbeit eher nicht, jedoch setzen auch grosse Weingüter teilweise auf die Handernte, beispielsweise bei ihren Top-Weinen.
Im Endeffekt ist es eine Frage des Qualitätsanspruchs. Beide Arbeitsmethoden haben ihren Platz im Weinbau. Es ist aber nicht zu leugnen, dass die Handernte qualitativ hochwertiger sowie naturschonender ist. Fakt ist, dass es beim Genuss auch stark um Bewusstsein und Achtsamkeit geht. Nicht nur der Preis, sondern auch die Qualität, die Herkunft, der Arbeitsprozess und die Geschichte, führen dazu, ob ein Wein als genüsslich wahrgenommen wird oder nicht.
Gesundes Traubengut auf dem Weingut Tezza in Valpolicella.